2011-09-02

zu «Trois Couleurs»

 kleine Filmkritik
Drei Filme, die am Ende zusammenfinden. Kieslowski ist ein verspielter Weltenlenker der Beziehungen, der zufälligen Treffen und des Schicksals. Aus den Augen einer von Fenster zu Fenster schwebenden Kamera lenkt er seine Figuren mit sichtlichem Spaß von einer Unmöglichkeit zur nächsten, ohne dabei aber je die konkrete Menschlichkeit der Figuren aus dem Blick zu verlieren. Das Panorama, das er so entfaltet, ist kugelförmig wie ein Planetarium; im Zentrum steht, quasi als Sonne, die Frage, wie sich die Menschen zueinander verhalten. Allen Bewegungen dient sie als Antrieb. Sie umkreisend: die junge Witwe, der einsame Komponist, der gewitzte Pole, das sensible Fotomodell, der zynische Ex-Richter. Kleinere Fixpunkte: das Gericht, das Auto, die Wohnungstür, der Glascontainer, und schließlich die Fähre.

Aufgabe von Film: Raum sein für authentische Empfindung

Außerdem natürlich Beachtung des Mediums (analog zu Fotogénie). Die Ausstattung des Raums im Film muss eigenständig sein, um authentische, also nicht vorproduzierte Empfindungen zu ermöglichen. Das heißt, dass Überlagerung mit Echtbildern verhindert werden muss. Echtbilder kommen dann auf, wenn Miene, Geste, Kostüm oder Kulisse zu "heutig" ist. Ähnlich problematisch sind Referenzbilder, die z.B. innerhalb von Genres existieren und durch bestimmte Schlüssel assoziiert werden.

Was folgt, wenn es keine oder kaum Überlagerungs-Bilder gibt? Das Gezeigte wird "an sich" wahrgenommen. Es kann nicht verglichen und eingeordnet werden. Wir können als Zuschauende damit umgehen oder das zurückweisen. Filme sind aber meistens stark, sodass pure Indifferenz ihnen gegenüber nur wenigen Abgebrühten gelingt. Also müssen wir uns auf das Gezeigte einlassen, ähnlich wie wir uns auf Tanzveranstaltungen auf den Rhytmus einlassen: mit unserem ganzen Leib.

Drei Architekten (1)

Zur Frage, was uns ins "schöne Leben" treibt, und was uns davon abhält.
Der Bewegungsfilm "Drei Architekten" zeigt eine Suche nach dem schönen Leben. Drei Erlebnisse schaffen Bewusstsein für die Voraussetzungen: in der Metropole mangelt es an Perspektive, in der Kommune mangelt es an Reflexion, daher an Bewusstsein für Machtverhältnisse. Und dem Eremiten, der sich all dessen bewusst ist, fehlt schlicht der Optimismus, der bedingungslose Glaube an positive Veränderung, der ihn aus seiner Isolation reißen könnte.